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Exkursionsbericht nach Verdun

Wie kam die Klasse 9d der Kreuzschule Heek auf die Idee eine Exkursion nach Verdun zu unternehmen? Die SchülerInnen recherchierten im Heimatmuseum und Gemeindearchiv der Gemeinde Heek, um sich dort über den Einfluss des Ersten Weltkriegs auf die sogenannte Heimatfront in Heek zu informieren. Die Schüler waren überrascht, da es doch recht wenige Überlieferungen aus der Zeit in Heek zu entdecken gab.

Die historische Forschungsreise führte uns vom Heimatarchiv hinüber zum Ehrendenkmal für jene Gefallenen, die im Ersten Weltkrieg für das Deutsche Kaiserreich in den Krieg gezogen waren. Die Namen konnten teilweise den heute noch ansässige Familien und deren Stammbäumen zugeordnet werden, so dass Schüler sich aufmachten, jene Familien über ihre Vorfahren zu befragen. Dabei kam heraus, dass die Soldaten damals meist noch sehr jung waren und häufig recht zeitig nach dem Einsatzbefehl verstarben. Post von der Front wurde versucht zu entziffern und übersetzt. Die Texte sorgten teilweise für Irritation, da die Soldaten die Familie nicht unnötig beunruhigen wollten.

Den SchülerInnen war es wichtig zu erfahren, wie sich die Menschen der damaligen Zeit gefühlt haben und konnten es überhaupt nicht nachvollziehen, warum sie freiwillig in den Krieg zogen.

Nachdem der Krieg in seiner historischen Chronologie im Unterricht aufgearbeitet wurde, waren diese Fragen dennoch nicht geklärt. Bücher konnten den geweckten historischen Wissensdurst nicht stillen. Ein Lehrerkollege war zuvor auf einer Lehrerexkursion organisiert durch den Volksbund in Verdun und hatte mir von seinen Eindrücken berichtet. Ich bat ihn seine Erlebnisse von dieser Reise zu dem Kriegsschauplatz um Verdun, in meinem Geschichtsunterricht zu berichten. Seine Geschichten von dort untermalte er mit einer kleinen Bilderdokumentation. Seine detailierten Schilderungen fesselten die SchülerInnen und machte sie noch neugieriger mehr zu erfahren.

In der folgenden Stunde zeigte ich Auszüge aus dem Film „Im Westen nichts Neues“. In diesem Film fordert der Lehrer die Schüler in der ersten Szene auf, für das Vaterland in den Krieg zu ziehen. Die meisten dieser Schüler folgten diesen Aufrufen und fielen dem grausamen Krieg zum Opfer.

„Wir wollen sehen, wo vor hundert Jahren der Krieg stattgefunden hat!“, meldete sich der Klassensprecher damals in einer Geschichtsstunde zu Wort. Auf mein Anraten hin, organisierten die SchülerInnen einen Elternabend, auf dem sie die Eltern baten eine Exkursion nach Verdun machen zu dürfen. Diese Fahrt konnte mit freundlicher Unterstützung durch den Volksbund zustande kommen. An dieser Stelle nochmal herzlichen Dank hierfür.


Abbildung 3: Memorial

Ablauf der Fahrt nach Verdun: Wir sind zwei Tage in Verdun gewesen. Am ersten Tag besichtigten wir das Memorial (Museum), das Fort Douaumont und das Beinhaus (mit einem Filmbeitrag). Bilder und Geschichten, die für sich sprechen. Das Museum ist für deutsche Besucher sehr geeignet. Die Exponate, wie die Granaten im Eingangsbereich, erklären die Landschaft um das Memorial, das noch heute keine gerade Fläche aufweist.

Am zweiten Tag haben wir uns von Pierre Lenhard durch seine Heimat führen lassen. Die SchülerInnen gingen jene Wege nach, die Soldaten vor ihnen durch die Schützengräben genommen und ihr Leben dabei an dieser Stelle verloren hatten. Danach besuchten wir das größte deutsche Kriegsgräberfeld. Hier suchten die Schüler nach bekannten Namen. In dieser Stimmung der Betroffenheit lasen wir Lehrer ihnen den Text „Krieg dem Kriege“ von Kurt Tucholsky vor (siehe Anhang). Die anschließende Diskussion über das Leben und die Folgen des unnötigen Kriegs waren für uns Lehrer der Höhepunkt der Reise.

Danach fuhren wir zum amerikanischen Denkmal und gingen mit den Schülern hinauf. Der Ausblick war sehr schön. Für mich, der nicht schwindelfrei ist, war es eine Qual. Wollte ich doch die Schüler nicht allein auf diesen Turm steigen lassen. Zum Abschluss fuhren wir mit Pierre Lenhard zum Hügel Vauuquois (https://www.verdun14-18.de/en/the-hill-of-vauquois/). Die Enge und Dunkelheit der Höhlengänge, die Feuchtigkeit und die kühlen Temperaturen zeigte den Schülern noch einmal hautnah, wie sich die Soldaten in der Zeit des Ersten Weltkriegs gefühlt haben.

 

 

Kurt Tucholsky

Krieg dem Kriege

Sie lagen vier Jahre im Schützengraben. 
Zeit, große Zeit! 
Sie froren und waren verlaust und haben 
daheim eine Frau und zwei kleine Knaben, 
weit, weit – !

Und keiner, der ihnen die Wahrheit sagt. 
Und keiner, der aufzubegehren wagt. 
Monat um Monat, Jahr um Jahr …

Und wenn mal einer auf Urlaub war, 
sah er zu Hause die dicken Bäuche. 
Und es fraßen dort um sich wie eine Seuche 
der Tanz, die Gier, das Schiebergeschäft. 
Und die Horde alldeutscher Skribenten kläfft: 
»Krieg! Krieg! 
Großer Sieg! 
Sieg in Albanien und Sieg in Flandern!« 
Und es starben die andern, die andern, die andern …

Sie sahen die Kameraden fallen. 
Das war das Schicksal bei fast allen: 
Verwundung, Qual wie ein Tier, und Tod. 
Ein kleiner Fleck, schmutzigrot – 
und man trug sie fort und scharrte sie ein. 
Wer wird wohl der nächste sein?

Und ein Schrei von Millionen stieg auf zu den Sternen. 
Werden die Menschen es niemals lernen? 
Gibt es ein Ding, um das es sich lohnt? 
Wer ist das, der da oben thront, 
von oben bis unten bespickt mit Orden, 
und nur immer befiehlt: Morden! Morden! – 
Blut und zermalmte Knochen und Dreck … 
Und dann hieß es plötzlich, das Schiff sei leck.

Der Kapitän hat den Abschied genommen 
und ist etwas plötzlich von dannen geschwommen. 
Ratlos stehen die Feldgrauen da. 
Für wen das alles? Pro patria?

Brüder! Brüder! Schließt die Reihn! 
Brüder! das darf nicht wieder sein! 
Geben sie uns den Vernichtungsfrieden, 
ist das gleiche Losbeschieden 
unsern Söhnen und euern Enkeln. 
Sollen die wieder blutrot besprenkeln 
die Ackergräben, das grüne Gras? 
Brüder! Pfeift den Burschen was! 
Es darf und soll so nicht weitergehen. 
Wir haben alle, alle gesehen, 
wohin ein solcher Wahnsinn führt –

Das Feuer brannte, das sie geschürt. 
Löscht es aus! Die Imperialisten, 
die da drüben bei jenen nisten, 
schenken uns wieder Nationalisten. 
Und nach abermals zwanzig Jahren 
kommen neue Kanonen gefahren. – 
Das wäre kein Friede. 
Das wäre Wahn. 
Der alte Tanz auf dem alten Vulkan. 
Du sollst nicht töten! hat einer gesagt. 
Und die Menschheit hörts, und die Menschheit klagt. 
Will das niemals anders werden? 
Krieg dem Kriege! 
Und Friede auf Erden.

(Juni 1919)